Der italienische Maler Vittorio Matteo Corcos (* 4. Oktober 1859 in Livorno; † 8. November 1933 in Florenz) ist bekannt für seine bis ins kleine Detail perfektionierten Portraitarbeiten. Mit Case Maclaim, der vor mehr als 25 Jahren mit Graffiti begann, seine Kunst schon in über 20 Länder gebracht hat und zurecht als Pionier der Urban Art Szene in Sachen Fotorealismus gilt, konnte der ideale Künstler für eine Interpretation des Werkes von Corcos in Offenbach gewonnen werden. Case Maclaim hat bereits zwei bemerkenswerte Murals im Rahmen von WALLS OF VISION (Gelsenkirchen und Bonn) realisiert und besitzt als gelernter Maler und Diplom-Restaurator eine besondere Affinität zum konzeptionellen Ansatz des Projektes. Zudem bringt er ein wertvolles Netzwerkwissen ein, das insbesondere bei den nachfolgenden Aktionen für Kinder und Jugendliche der Region helfen wird.
Bei der Interpretation bleibt Case Maclaim bewusst nah am Original und ergänzt lediglich einzelne urbane Details, in denen er u. a. lokale Offenbacher Streetart Künstler*innen würdigt. Allerdings geht der Künstler in besonderer Weise auf die Struktur/Architektur des Gebäudes ein, indem er das Bild „um die Ecke“ an zwei Seiten aufbringt und so den Effekt weiter verstärkt. Auch die Visibilität des Werkes wird dadurch am ohnehin schon stark frequentierten Nordring gesteigert. Zunächst hat man den Eindruck, dass die Protagonistin im Werk von Vittorio Matteo Corcos dem*der Betrachtenden direkt in die Augen schaut. Bei genauerem Hinsehen merkt man jedoch, dass sie gedankenverloren in die Ferne blickt. Neben ihr liegen drei Bücher, man erkennt allerdings keine Titel. Es obliegt der Interpretationsfreiheit jede*s Einzelnen zu überlegen, was die junge Frau im Bild wohl so beschäftigt…
Das Hafenviertel von Offenbach befindet sich im Aufbruch. Seit 2015 soll es vom ehemals industriellen Areal zu einem der attraktivsten und modernsten Wohn- und Büroquartiere Offenbachs entwickelt werden. Die industrielle Historie soll stimmig mit Urbanität, Kultur und Natur verbunden werden. Ein großes Vorhaben, bei dem Kunst im öffentlichen Raum nicht fehlen darf. Insbesondere, wenn sie es schafft, zu Reflektion und Diskurs anzuregen.
Das Wandgemälde wird sich einerseits harmonisch in das neue – als „mediterran“ beschriebene – Flair einfügen und gleichzeitig Passant*innen dazu animieren, einen Moment stehen zu bleiben, innezuhalten und darüber nachzudenken, was die unerwartete künstlerische Intervention transportieren möchte. Manche werden darin ggf. einen Moment der Ruhe im stressigen Büroalltag finden, andere wiederum einen Anlass, selbst einmal wieder darüber nachzudenken, was eigentlich noch wichtig bzw. wesentlich in unserer schnelllebigen Zeit ist…